Entwicklung und Umsetzung der gemeinsamen Jugendstrategie der Bundesregierung
Wir bedanken uns sehr herzlich bei der Autorin und den Autoren des vorliegenden Gastbeitrags: Immanuel Benz/Franziska Pietzsch/Rainer Wiebusch – Referat „Jugendstrategie, eigenständige Jugendpolitik“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Entwicklung und Umsetzung der gemeinsamen Jugendstrategie der Bundesregierung
Das Vorhaben einer gemeinsamen Jugendstrategie der Bundesregierung ist als konzeptionell-strategische Weiterentwicklung der bisherigen Jugendstrategie des BMFSFJ zu sehen, die unter dem Motto „Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft“ im Zeitraum 2015 – 2018 erfolgreich umgesetzt wurde. Der ressortübergreifende Ansatz, zumal bei gleichzeitiger Integration der Umsetzung der EU-Jugendstrategie, eröffnet Chancen, dem herkömmlichen Verwaltungsdenken in getrennten Zuständigkeiten ein Denken und Handeln in gemeinsamer Verantwortung hinzuzufügen, Redundanzen zu vermeiden, Synergieeffekte zu ermöglichen.
Die gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung stellt ein ebenso ambitioniertes wie konsequentes jugendpolitisches Vorhaben dar. Das Ziel, dass die Bundesministerien ressortübergreifend zusammenarbeiten und sich das gesamte Kabinett zur Verantwortung für die Jugend bekennt, ist ambitioniert. Im Sinne der Entwicklung bzw. Fortsetzung der Eigenständigen Jugendpolitik und der Erkenntnisse des 15. Kinder- und Jugendberichtes ist das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode konsequent. Dieser belegt, dass die Koalitionäre die Eigenständige Jugendpolitik ernst nehmen und sich mit einer gemeinsamen Jugendstrategie der Bundesregierung auf neue Pfade begeben wollen. Die „gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung“ ist die konsequente Umsetzung der Grundsätze der Eigenständigen Jugendpolitik („Querschnittspolitik“, „weitreichende und gemeinsame Strategie der relevanten Politikfelder“). Eine solche ressortübergreifende Jugendstrategie wurde lange gefordert und ist als jugendpolitischer Meilenstein zu bewerten.
Elemente einer bundespolitischen Jugendstrategie
Die Bausteine und nächsten Schritte für die Entwicklung der bundespolitischen Jugendstrategie werden nachfolgend dargestellt.
Interministerielle Arbeitsgruppe: IMA Jugend
Unter Federführung des BMFSFJ wird in der in dieser Legislaturperiode neu eingerichteten IMA Jugend die gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung entwickelt, abgestimmt und in der Umsetzung begleitet. BMFSFJ-Staatssekretärin Juliane Seifert hatte die Ressorts zur konstituierenden Sitzung am 25. Oktober 2018 eingeladen, alle Häuser haben positiv reagiert. Die Zusammenarbeit erfolgt auf Arbeitsebene, sprich Referatsleitungen.
Auf Grundlage der Vorschläge des BMFSFJ wurden in der ersten Sitzung insbesondere grundlegende Fragen wie „Prinzipien der Zusammenarbeit“, „Ziele“, „Themen und Handlungsfelder“ und „Arbeits- und Sitzungsplan“ erörtert.
Referats- und abteilungsübergreifende Dienstberatungen im BMFSFJ
Flankierend zu den Sitzungen der IMA werden im BMFSFJ referats- und abteilungsübergreifende Dienstberatungen durchgeführt, zu der grundsätzlich alle Organisationseinheiten eingeladen werden, die für die „Wahrnehmung der Belange von Jugend relevant sind. Neben den Referaten der Abteilung „Kinder und Jugend“ sind dies die Politikbereiche Demokratie und Vielfalt, Engagementförderung, Freiwilligendienste, digitale Gesellschaft, Aufwertung sozialer Berufe, Familien, Senioren, demografischer Wandel und gleichwertige Lebensverhältnisse.
Externe Prozessbegleitung
Die Arbeit der BMFSFJ-Referate „Jugendstrategie, eigenständige Jugendbeteiligung“ und „Europäische und internationale Jugendpolitik“ zur Entwicklung und Umsetzung der Jugendstrategie wird durch eine externe Prozessbegleitung ab Anfang 2019 unterstützt.
Beirat des BMFSFJ
Zur Einbindung von Zivilgesellschaft (inkl. Länder und kommunaler Spitzenverbände) und Jugend wird der Beirat des BMFSFJ zur Jugendstrategie berufen. Den Vorsitz wird die Parlamentarische Staatssekretärin Caren Marks übernehmen, den Co-Vorsitz Prof. Dr. Karin Böllert (AGJ-Vorsitzende). Die Berufung der von eingeladenen Organisationen benannten Vertreterinnen und Vertreter erfolgt durch Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey, die konstituierende Sitzung wird Anfang 2019 stattfinden.
Kabinettbeschluss
Als gemeinsames Bekenntnis für die Jugend und die bestmögliche Berücksichtigung der Belange der Jugend sowie zur guten Gesetzgebung für die künftigen Generationen soll bereits im Herbst 2019 ein Kabinettbeschluss für die gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung verabschiedet werden. Ein ausgesprochen wichtiger jugendpolitischer Meilenstein, der den Entwicklungsprozess abschließt und zugleich den Startschuss für die Umsetzungsphase darstellt.
Ein weiteres Vorhaben von besonderer Bedeutung für die gemeinsame Jugendstrategie ist der Jugend-Check, der bereits ressortübergreifend die Gesetzesvorhaben der Bundesregierung auf ihre Auswirkungen für junge Menschen überprüft. Darüber hinaus ist es ein zentrales Anliegen bei der Entwicklung und Umsetzung der Jugendstrategie der Bundesregierung, Möglichkeiten zu schaffen, die eine direkte und wirkungsvolle Beteiligung von jungen Menschen ermöglichen. Ein erster diesbezüglicher Meilenstein sind die JugendPolitikTage im Mai 2019. Die Praxis digitaler Partizipation unterstützt das Projekt jugend.beteiligen.jetzt. Die Weiterführung der Eigenständigen Jugendpolitik wird gewährleistet im Rahmen des Projektes jugendgerecht.de – Arbeitsstelle Eigenständige Jugendpolitik.
Gelingensbedingungen und Perspektiven
Die Jugendpolitik des Bundesjugendministeriums orientiert sich seit der 18. Legislaturperiode am Leitprinzip der Eigenständigen Jugendpolitik. Sie wird sichtbar in der programmatischen Ausdifferenzierung der „Politik für, mit und von Jugend“ und der Umsetzung durch die gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung in der 19. Legislaturperiode.
Die gemeinsame Jugendstrategie der Bundesregierung ist konstitutiv ressortübergreifend und zielorientiert: „Wir wollen, dass sich das gesamte Kabinett verbindlich zur Verantwortung für die Jugend bekennt“ – so Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey zur Eröffnung der Konferenz „Politik für, mit und von Jugend“ am 24. September 2018.
Strategisch ist bedeutsam, dass Jugendpolitik sich bisher im Wesentlichen gegenüber Bildungs- und Schulpolitik abgegrenzt hat. Hier müsste es gelingen, auch für die Bildungs- und Schulpolitik und die Jugendpolitik bzw. Kinder- und Jugendhilfe ein Denken und Handeln in gemeinsamer Verantwortung für Jugend hinzubekommen.
Paradigma (Jugend-)Beteiligung: Jugendliche und junge Erwachsene müssen stets angemessen und wirksam beteiligt werden; demokratisch legitimierte Interessenvertretungen von Jugend und relevante zivilgesellschaftliche Akteure ebenso.
Jugendpolitik denkt und handelt immer jugendzentriert und hinterfragt stets Verzweckungsabsichten im Kontext von Fachkräftemangel, Renten- und Sozialsystemen, Zukunftssicherung. Und: Generationengerechtigkeit ist keine „Einbahnstraße“ zu Lasten von Jugend.
Es müssen jugendpolitische Bündnisse geschmiedet werden, „geborene“ Partner müssen sich stützen und stärken, weitere Stakeholder einbezogen werden. Es bedarf des entschiedenen Auftretens jugendpolitischer Akteure auf allen staatlichen Ebenen.
Jugendpolitik und ihre Jugendstrategie auf Bundesebene hat immer auch kommunal, föderal, europäisch und international zu denken und zu handeln.
In der Mediengesellschaft werden gesellschaftliche Prozesse nur über entsprechende Kommunikationsstrategien möglich. Auch hier müssen die Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe (noch) intensiver genutzt werden. Fachmarketing gilt als akzeptiert, eine weiterreichende und breit angelegte Kampagne wäre hilfreich. Sichtbar werden. Die jugendpolitische Geschichte schreiben und erzählen.
Jugendpolitik muss stärker, lauter werden, in dem Sinne, dass möglichst viele gesellschaftliche Akteure „angesteckt“ werden, sich jugendpolitisch zu engagieren. Oder mit anderen Worten: Wir sollten „mehr Jugendpolitik wagen!“.
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