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Eigenständige Jugendpolitik

Was uns eint: Vielfalt als YouTube-Hit

(c) pixabay

„It’s easy to put people in boxes.” Es ist einfach, Menschen in Schubladen zu stecken. Uns von den anderen abzugrenzen – da sind „die“, und da sind „wir“. Die, die anders aussehen als wir. Die, die anders leben als wir. Die, die anders lieben als wir. Die, die anders glauben als wir. Doch was ist es, was uns all diese Schubladen überwinden lässt? Was eint uns?

Der dänische TV-Sender TV 2 hat vor wenigen Monaten einen Klick-Hit auf YouTube gelandet – über 4,3 Millionen Menschen haben sich bis jetzt ihren Werbeclip „All that we share“ angesehen. Der Clip zeigt eine Art Experiment. Auf einem schwarzen Bühnenboden sind mit weißen Linien Rechtecke eingezeichnet, in die sich Menschen stellen, die auf den ersten Blick etwas gemeinsam haben. Eine Gruppe trägt weiße Pflegekleidung, eine Gruppe besteht nur aus Anzugträgern, eine weitere Gruppe betritt mit Basecaps, dicken Muskeln, Gesichtstätowierungen und kaltem Blick die Bühne. Eine Gruppe wird vom Sprecher aus dem Off als Landwirte identifiziert, eine weitere als „Neu-Dänen“, als Zugewanderte und Geflüchtete. Die Gruppen beäugen sich kritisch, sind nervös, schauen verschüchtert auf den Boden. Dann betritt ein Moderator die Bühne und fordert die Menschen auf, in die Mitte des Raumes zu treten, falls eine der Aussagen zutrifft, die er nun verlesen wird. „Warst du in der Schule der Klassenclown?“ - „Wer ist Stiefvater oder Stiefmutter?“ – „Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?“ – „Tanzt du gerne?“ – „Wurdest du schon einmal gemobbt?“ – „Hast du schon einmal jemanden gemobbt?“ – „Bist du verliebt?“ – „Fühlst du dich einsam?“ Bei allen Fragen des Moderators treten Menschen aus den bislang in den weißen Rechtecken für sich stehenden Gruppen nach vorne. Sie schauen sich an, sie lachen, manche weinen. Gemeinsam stellen sie sich zu Gruppenfotos auf und schauen sich nicht mehr gegenseitig an, sondern in eine Richtung. Als der Moderator fragt „Wer von euch ist bisexuell?“, tritt ein einziger junger Mann in die Mitte, er beißt sich auf die Lippen, wirkt beschämt. Doch die Menschen um ihn herum beginnen aufmunternd zu applaudieren – der junge Mann beginnt zu lächeln. Und zum Ende des Videos umarmen sich alle, erleichtert, lachend, voller Respekt.

Der Clip rührt sein millionenfaches Publikum zu Tränen. Weil die Menschen darin echt sind, keine Schauspielerinnen und Schauspieler. Weil sie vom „wir“ vs. „die“ in ein gemeinsames „wir“ überführt worden sind, das sich nicht auf Hautfarbe, Herkunft oder Geschlecht beschränkt, sondern auf Lebenserfahrungen, menschlichen Gefühlen und Überzeugungen beruht. Nicht die Vorurteile stehen im Vordergrund, sondern das, was uns als Menschen eint – all that we share.

Man kann den Clip nun als billige Werbestrategie abtun, der, indem er auf die Tränendrüse der Zuschauenden drückt, etwas verkaufen will. Doch 4,3 Millionen Klicks und Tausende Kommentare darunter haben eine weitere Botschaft identifiziert, die zur Diskussion anregt: Wie können wir über Gemeinsamkeiten sprechen, über gemeinsame Träume und Wünsche, Sehnsüchte und Ängste – und wo sind die Orte, an denen wir uns auf Augenhöhe begegnen können und unsere Chancen gleich, vielfältig und fair sind, um uns und eine gute Zukunft zu verwirklichen?

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