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Update: Was in Sachen "Eigenständige Jugendpolitik" 2017 in den Ländern los war

Paul Wischnowski

Eigenständige Jugendpolitik, Grundlage der Jugendstrategie „Handeln für eine jugendgerechte Gesellschaft“, versteht sich als Politikansatz auf allen politischen Ebenen. Auch in den Bundesländern wird daher am und über den Begriff diskutiert und auf Grundlage der Eigenständigen Jugendpolitik jugendpolitisches Handeln ausgerichtet. Dabei unterscheiden sich die je landesspezifischen Schwerpunkte ebenso wie die handelnden Akteure – höchste Zeit also, wieder einen genaueren Blick in die Länder zu werfen (zuletzt haben wir das im März 2016) getan.

In Rheinland-Pfalz wurde die Jugendstrategie der Landesregierung „JES! Jung. Eigenständig. Stark.“  im Frühjahr 2017 durch einen Beschluss des Landtags bestätigt. Die Jugendstrategie orientiert sich an den Interessen und Bedürfnissen Jugendlicher und will allen jungen Menschen gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Konkret sollen die Jugendarbeit im ländlichen Raum sowie die aufsuchende Jugendsozialarbeit ausgebaut werden. Zudem werden Beteiligungsprojekte gefördert und kommunale Jugendstrategien angeregt, die ressortübergreifend und in Partnerschaft mit zahlreichen lokalen Akteuren eine eigenständige Jugendpolitik vor Ort umsetzen – unter anderem in unserer Referenzkommune Trier.

Auch in Thüringen hat sich der Landtag dieses Jahr mit Eigenständiger Jugendpolitik befasst: Der Beschluss 6/4573 definiert die Zielgruppe der Eigenständigen Jugendpolitik im Land als Jugendliche zwischen Eintritt in die Sekundarstufe bis zum Ausbildungsabschluss. Dies ist eine Alternative zu anderen Abgrenzungen, die die Jugendphase mit Alterszahlen definieren, z.B. 12-27 Jahre. Jugendliche sollen mehr Mitbestimmungs- und Beteiligungsmöglichkeiten erhalten als bisher. Der Landtag stellt elf Forderungen an die Landesregierung, u.a. nach einem eigenen Bericht über die Lebenssituation der Jugendlichen im Land Thüringen, nach ressortübergreifenden Maßnahmen zur Umsetzung Eigenständiger Jugendpolitik, nach besserer Finanzierung der Jugendarbeit sowie nach Prüfung der Ergebnisse der Entwicklung des Jugend-Checks auf Bundesebene.

Nicht nur die Landtage und Landesregierungen beschäftigen sich mit Eigenständiger Jugendpolitik, auch die Landesjugendringe bleiben am Thema dran. So hat der Landesjugendring Mecklenburg-Vorpommern mit einem Fachtag am 20. September 2017 die Diskussion im Land profiliert und vorangetrieben (mehr dazu im Interview im Onlinemagazin im Dezember 2018). In den Blick genommen wurde dabei auch die Bedeutung von Beteiligung, die Rolle der kommunalen Ebene und die Herausforderung, trotz angespannten Haushalten handlungsfähig zu bleiben.

Die Diskussionen zum Thema Eigenständige Jugendpolitik in Sachsen sind mit der Gesprächsreihe #lassunsreden schon seit mehreren Jahren institutionalisiert und fester Bestandteil der jugendpolitischen Landschaft im Freistaat. Auch der Landesjugendhilfeausschuss hat sich 2016 mit einem Eckpunktepapier zur Eigenständigen Jugendpolitik in Sachsen positioniert. Das Papier definiert Schwerpunkte, Handlungsfelder und Entwicklungsziele jugendpolitischen Handelns. Anfang Dezember 2017 wurde unter dem Titel „Wenn nicht jetzt, wann dann…?“ ein Ergebnispapier zur gleichnamigen Tagung der Evangelischen Akademie Meißen und des Kinder- und Jugendring Sachsen veröffentlicht, welches im Nachgang der Bundestagswahl zu einer gemeinsamen sächsischen Strategie für die Kinder- und Jugendpolitik aufruft. Die konkreten Anliegen gliedern sich einerseits in Forderungen, die aus den Bedürfnissen von sächsischen Kindern und Jugendlichen abgeleitet werden, andererseits in Änderungsbedarfe, welche die Situation der Jugendhilfe-Träger in Sachsen verbessern sollen. Einen knappen Überblick sowie das vollständige Perspektivenpapier bietet das Corax-Magazin. Ganz konkret wurde Mitte Dezember die Gemeinde- und die Landkreisordnung reformiert und Jugendbeteiligung an allen Dingen, die Jugendliche betreffen, neu als Soll-Bestimmung aufgenommen.

Unter dem Namen „Einmischende Jugendpolitik“ wird in Nordrhein-Westfalen ebenfalls schon seit einiger Zeit die Eigenständige Jugendpolitik durch den Landesjugendring weiterentwickelt. Zuletzt wurde die Einmischende Jugendpolitik bei der Vollversammlung des Landesjugendrings im Oktober 2017 bestätigt und mit konkreten Anliegen für die Legislaturperiode 2017-2022 untermauert. Neben allgemeinen Forderungen nach einer Absenkung des Wahlalters und einem Wahlrecht für alle in Deutschland lebenden Menschen wird eine Demokratisierung der Institutionen des Aufwachsens sowie ein eigener Jugendcheck für Nordrhein-Westfalen angemahnt. Detailliertere Forderungen finden sich zu den Handlungsfeldern Freiräume, digitale Gerechtigkeit, jugendgerechte Bildung und Stärkung des Landes als Migrationsland.

Auch in Bayern findet sich eigenständige Jugendpolitik im Diskurs wieder. Hier liegt der Schwerpunkt auf der kommunalen Ebene, für die der Landtag im Frühjahr 2017 die Weiterentwicklung der Idee einer eigenständigen kommunalen Jugendpolitik unter Einbeziehung der Jugendverbände angeregt hat. Anlässlich der siebten gemeinsamen Landestagung „Kommunale Jugendpolitik“ des Bayerischen Jugendrings mit den drei kommunalen Spitzenverbänden wurde ein umfangreiches Arbeitspapier aufgelegt, welches Jugendpolitik vor Ort als Standortfaktor beschreibt und mit zahlreichen Best-Practice-Beispielen die Vielfalt von Jugendpolitik in den bayerischen Kommunen aufzeigt. Das Papier benennt die Grundlagen gelingender Kommunaler Jugendpolitik, die auch als Ergänzung der Merkmale jugendgerechter Kommunen gesehen werden können, mit denen die 16 Referenzkommunen arbeiten.

Es zeigt sich, dass Jugendpolitik in den Ländern stets in Kooperation zahlreicher Partner entsteht und wächst. Die kommunale Ebene ist untrennbar mit der jeweiligen Landesebene verflochten, die etablierten Strukturen der Jugendringe sind oftmals treibende Kräfte in den Debatten. Dabei nehmen die Länder im Verständnis einer Eigenständigen Jugendpolitik mehrere Handlungsfelder in den Blick und weiten ihre jugendpolitischen Maßnahmen aus. Die konkreten Themen haben länderübergreifend große Schnittmengen, neben Jugendbeteiligung finden sich Themen wie Freiräume und finanzielle Sicherung der Strukturen der Jugendarbeit  in den meisten Papieren wieder. Erfreulich oft wird auch der 15. Kinder- und Jugendbericht als wissenschaftliche Grundlage herangezogen. Es zeigt sich jedoch auch, dass der Anspruch des ressortübergreifenden Handelns vielerorts noch nicht in konkrete Zusammenarbeit umgesetzt werden konnte. Dennoch: Die Debatten in den Ländern haben in den vergangenen Jahren an Fahrt aufgenommen und versprechen viel Potential für die jugendpolitische Zukunft im Land!

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