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Eigenständige Jugendpolitik

"Lernt uns zu verstehen!" Interview mit Nicky

(c) privat

Was begegnen dir für Herausforderungen auf deinem Weg ins Erwachsenenleben?

Aus den gelernten Verhaltensmustern auszusteigen um wieder in ein normales Leben zu finden. Hilfe anzunehmen, von der Straße runterzukommen, clean zu werden und das auch durchzuhalten. Die eigentliche Arbeit ist es, einen geregelten Alltag aufrecht zu erhalten, wirklich clean zu bleiben. Nun versuche ich, den Einstieg in das Berufsleben zu finden, indem ich einen Bundesfreiwilligendienst bei MOMO anfange. Auf der dritten Bundeskonferenz der Straßenkinder in Jamlitz vor einigen Monaten habe ich im Workshop zum Thema “Jugendamt” versucht, Lösungen für die Probleme die ich im Jugendhilfesystem erlebt habe zu finden.

Wo und wie erhältst du Unterstützung?

Ich bin durch Kliniken an Einrichtungen vermittelt worden. Auch durch Freunde und Recherche im Internet habe ich Einrichtungen gefunden. Jetzt gehe ich regelmäßig ins Drugstop, eine Einrichtung von Karuna, bei der eine Tagesstruktur angeboten wird.

Gleiche Chancen für alle Jugendlichen – wie könnte das erreicht werden?

In meinen Augen könnte es erreicht werden, wenn man von klein auf besser aufgeklärt wird, schon in jüngerem Alter ohne die Zustimmung der Eltern Hilfe bekommt und grundsätzlich alle die gleichen Rechte haben - egal aus welchem Elternhaus sie kommen. Führungszeugnisse geben keine Auskunft darüber ob ich etwas gut kann oder nicht. Nur weil ich kein Abitur habe heißt das beispielsweise nicht, dass ich nicht Kinder betreuen kann (z.B. Erzieher) oder es nicht schaffen könnte zu studieren. Ich würde meine weitere Bildung aus Interesse und Eigenmotivation abschließen - und nicht so wie das Abitur z.B. weil ich es muss.

Was sollte Jugendpolitik dafür tun?

Jugendpolitik muss mehr unter die Leute kommen. Die Menschen müssen besser aufgeklärt werden und verstehen was ihre Rechte sind und was für Angebote es gibt. Wir dürfen nicht mehr übersehen werden. Die Probleme die zu Obdachlosigkeit in der Jugend führen gehören nicht nur “den Anderen” - das kann Menschen mit allen möglichen Elternhäusern treffen. Die Politik muss sich dieses Thema zu Eigen machen.

Wenn du drei Wünsche an die Gesellschaft frei hättest: Was würdest du dir wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass wir nicht als explizit “anders” wahrgenommen werden, auch wenn wir vielleicht andere Lebenserfahrungen haben als andere. Das ist für mich Gerechtigkeit. Ich möchte nicht mehr wie Abschaum behandelt werden. Wir sind auch Menschen, und unsere Narben und Geschichte machen uns aus. Wir verdienen es, mit Respekt behandelt zu werden. Setzt eure Heile-Welt-Brille ab und macht die Augen auf. Lernt, uns zu verstehen!

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